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Welche Art von Projektmanagement ist die richtige für mein Projekt? Klassisch? Agil? Häufig ist die Entscheidung für das richtige Modell gar keine Entweder-Oder-Frage. So kann es zum Beispiel sinnvoll sein, gesamte Projektpläne in „klassischer“ Weise zu erstellen, jedoch in einzelnen Iterationen agile Methoden anzuwenden.
Diese Kombination von verschiedenen Projektmanagementmethoden nennt man „Hybrides Projektmanagement“. Die Methode verspricht, das Beste aus beiden Welten zu verbinden. Um die Vorteile und Herausforderungen, die sich daraus ableiten lassen, zu erkennen, ist es nötig, zunächst klassische und agile Methoden zu vergleichen.
Klassisches Projektmanagement: planungssicher und übersichtlich
Im klassischen Projektmanagement setzen Projektmanager auf standardisierte Vorgehensweisen, um bereits zu Projektbeginn Ziele, Budget und Deadlines so zu balancieren, dass ein zuverlässiger Projektplan aufgestellt werden kann. Der Projektmanager fungiert dabei nicht selten als disziplinarischer Vorgesetzter der Teams und übernimmt innerhalb des Unternehmens die vollständige Projektverantwortung. Ziel ist dabei, den im Vorhinein aufgestellten Projektplan möglichst genau einzuhalten, an dessen Ende das fertige Produkt mit allen im Lastenheft vorgesehenen Merkmalen steht. Änderungen am Plan sollen möglichst vermieden werden, da diese häufig hohe Aufwände und Kosten nach sich ziehen.
Stage-Gate-Modell
Das Stage-Gate-Modell nach Cooper und Kleinschmidt wurde mit dem Ziel entwickelt, den Produktentwicklungsprozess als Ganzes wirkungsvoll zu gestalten. Hierbei werden Projekte in mehrere, fest definierte Phasen (Stages) und Meilensteine (Gates) unterteilt. Der Übergang von einer Phase zur nächsten kann erst dann erfolgen, wenn alle Meilensteine der aktuellen Phasen erfolgreich absolviert wurden.
Vor- & Nachteile des Modells
Das Stage-Gate-Modell erlaubt ein besonders strukturiertes Vorgehen bei der Projektdurchführung, da zu jedem Zeitpunkt feststeht, welche Teilziele als nächstes erreicht werden müssen, um in die nächste Projektphase vorrücken zu können. Auch vereinfachen die regelmäßigen Gate-Reviews die Einhaltung definierter Qualitätsstandards, da diese als Meilensteine in den Projektplan mit eingegossen werden können.
Doch das Modell bringt auch einige Nachteile mit sich: Umsetzungen mit der Stage-Gate-Methode sind nur dann erfolgreich, wenn der aufgestellte Projektplan möglichst detailliert und die Voraussetzungen sehr genau formuliert sind. Dementsprechend ist der nötige Vorbereitungsaufwand sehr hoch, bevor das Projekt in den Rollout geht.
Auch bei sich ändernden Projektspezifikationen zeigt das Modell seine Schwächen: Jegliche Änderungen erfordern zahlreiche Anpassungen der geplanten Phasen und Meilensteine und machen die Stage-Gate-Methode bei unvorhergesehenen Ereignissen sehr träge.
Waterfall
Die Waterfall-Methode wurde ursprünglich zur Abwicklung von Produktionsprozessen entwickelt und ist ein sogenanntes lineares Vorgehensmodell, d.h. keine Projektphase wird mehrmals durchlaufen. Die einzelnen Projektphasen werden sequentiell abgearbeitet, erst mit dem erfolgreichen Abschluss der aktuellen Phase kann die folgende beginnen.
Ähnlich wie bei der Stage-Gate-Methode sind auch beim Waterfall-Modell Start- und Endpunkt der einzelnen Phasen sowie die zu erwartenden Ergebnisse von vornherein klar definiert.
Vor- & Nachteile des Modells
Größter Vorteil des Waterfall-Modells ist ganz klar die hohe Planungssicherheit. Die leicht nachvollziehbare und übersichtliche Struktur erlaubt auch bei umfangreichen Projekten eine einfache und präzise Planung und eine hohe Kontrolle über den Projektfortschritt. Besonders effektiv ist die Waterfall-Methode bei Projekten kleineren Umfangs oder bei Projekten mit sehr konstanten Anforderungen, die keine kurzfristigen Korrekturschleifen erfordern.
Denn das Modell erweist sich als nicht besonders flexibel. Innerhalb der Durchlaufphasen sind keine Iterationen vorgesehen, sodass Entwicklungsfehler häufig erst spät bemerkt werden – diese dann auszugleichen ist aufwändig und kostenintensiv. Auch die Gesamtdurchlaufzeit von Projekten ist mit der Waterfall-Methode im Vergleich zu anderen Vorgehensweisen verhältnismäßig lang. Das Modell ist demzufolge für Projekte mit einer Vielzahl unvorhersehbarer Faktoren ungeeignet.
Agile Methoden: flexibel und vielseitig
Um bei solchen Projekten die nötige Flexibilität zeigen zu können, bedienen sich viele Unternehmen sogenannter agiler Methoden. Besonders häufig werden sie in der Softwareentwicklung eingesetzt, jedoch erfreut sich agiles Projektmanagement allgemein immer größerer Beliebtheit. Auch, wenn keine einheitliche Definition von agilem Projektmanagement existiert, liegt doch allen agilen Methoden das iterative Vorgehen als Basisprinzip zugrunde.
In jeder Projektiteration soll ein zumindest theoretisch lieferbares Produktinkrement fertiggestellt werden. Die einzelnen Bearbeitungszyklen sind dabei im Vergleich zu klassischen Methoden ziemlich kurz und erlauben so schnelle Feedbackschleifen und flexible Anpassungen, wenn Anforderungen sich ändern.
Kanban
Kanban (Japanisch für “Signalkarte”) hat seinen Ursprung bereits in den 1950er Jahren im Produktionssystem von Toyota. Das Ziel von Kanban ist es, Lagerbestände zu reduzieren, Durchlauf- und Lieferzeiten zu senken und die Materialverfügbarkeit zu erhöhen. Der klassische Anwendungsbereich von Kanban ist die Produktionssteuerung von physischen Gütern auf Basis des Pull-Prinzips.
Kanban ermöglicht dabei die Steuerung des gesamten Materialflusses ausgehend vom Verbraucher auf Basis miteinander verbundener Regelkreise. Seit 2007 werden die grundsätzlichen Mechanismen von Kanban zunehmend auch in der Softwareentwicklung angewendet. Als wohl bekanntestes Element der Methode haben sich die sogenannten Kanban-Boards zur Visualisierung einzelner Maßnahmen bzw. Aufgaben etabliert. Typischerweise teilt sich ein Kanban-Board in mehrere Listen auf, beispielsweise in die drei Kategorien “Aufgaben (gesamt)”, “In Bearbeitung” und “Erledigt”.
Indem immer nur die Menge an Aufgaben in die Bearbeitung überführt werden, die gerade erledigt werden, lässt sich der Work-In-Progress (WIP) konstant halten und eine klassische Pull-Steuerung implementieren.
Vor- & Nachteile des Modells
Klarer Vorteil der Kanban-Methode ist die visuelle Darstellung, die eine übersichtliche Projektsteuerung ermöglicht. Die Abarbeitung der Tasks nach Pull-Prinzip sorgt für einen konstanten Aufgabenfluss und strafft den Ressourceneinsatz, indem die Bearbeitung nicht erforderlicher To-Dos begrenzt werden.
Auch die Einsteuerung von Änderungen ist durch die Kanban-Struktur problemlos möglich. Zudem lässt sich das Modell leicht mit anderen Projektmanagement-Methoden kombinieren.
Doch auch die Arbeit mit Kanban birgt einige Nachteile: Bei großen Projekten mit vielen Einzelschritten, aufeinander aufbauenden Tasks und kleineren Teilprojekten wird es sehr schnell unübersichtlich – auch, da der organisatorische Rahmen fehlt, der Verantwortlichkeiten und Abhängigkeiten klar definiert und kleinere To-Dos in den Gesamtzusammenhang des Projektes einordnet. Auch der zeitliche Überblick geht aufgrund mangelnder Meilensteine schnell verloren.
Scrum
Scrum ist ursprünglich eine für die Softwareentwicklung konzipierte Methode, die seit den 2000er Jahren konkrete Anwendung findet. Losgelöst von klassischen Projektmanagementmethoden baut Scrum auf einem empirischen, inkrementellen und iterativen System auf. Dadurch entsteht das gesamte Projektergebnis in schrittweisen, sich wiederholenden Etappen – den so genannten Sprints. Vor jedem Sprint werden aus der Gesamtheit der Kundenanforderungen zum Produkt, dem Product Backlog, Aufgaben ausgewählt und in das Sprint Backlog überführt.
Dieses Sprint Backlog muss im Laufe des aktuellen Sprints abgearbeitet werden. Vor Beginn des Sprints findet die Priorisierung der zu bearbeitenden Aufgaben statt. Das ermöglicht die agile Einbindung neuer oder geänderter Anforderungen. Auch die neuen Funktionalitäten, die das Produkt nach Sprintende aufweisen muss, werden festgelegt – denn das Ziel ist, nach jedem Sprint ein funktionsfähiges Zwischenprodukt, das sogenannte Product Increment, zu erhalten.
Der Clou bei Scrum: Den klassischen Projektmanager gibt es nicht. Stattdessen teilt sich die Projektarbeit mit Scrum auf drei Rollen auf: Der Product Owner ist für den (finanziellen) Erfolg des Produkts verantwortlich, priorisiert die Aufgaben und legt die Ziele des bevorstehenden Sprints fest. Er wird von einer einzelnen Person vertreten. Das Entwicklungsteam ist für die Umsetzung der für den Sprint vorgesehenen Aufgaben zuständig.
Letztlich begleitet der Scrum Master das Entwicklungsteam und unterstützt bei der Einhaltung des systematischen Vorgehens. Häufig wird diese Rolle auch mit der eines Moderators verglichen, da der Scrum Master selbst nicht an der Umsetzung der Aufgaben partizipiert, sondern nur den äußeren Rahmen festlegt.
Vor- & Nachteile des Modells
Mit Scrum arbeiten Unternehmen maximal flexibel. Durch konstante Reevaluation der Backlog-Tasks und die Priorisierung für einzelne Sprints können sich ändernde Anforderungen jederzeit berücksichtigt werden. Ebenso ist die Methode durch die Backlogs, die immer gleichen Abläufe und klaren Zielvereinbarungen der Sprints sehr transparent für alle beteiligten Parteien. Scrum ermöglicht eine hohe Eigenverantwortung des Teams und sorgt für einen konstanten Aufgabenfluss.
Dem gegenüber steht ein sehr hoher Abstimmungsaufwand, der gerade bei Großprojekten überwältigend werden kann. Die Arbeit mit Backlogs gibt zwar einen Einblick in noch zu erfüllende Anforderungen, bietet aber keinen konkreten Gesamtüberblick über das Projekt. Zu guter Letzt ist Scrum für die Arbeit mit in sich geschlossenen Teams konzipiert und scheitert so bei Projekten mit vielen Abteilungsschnittstellen oder einer großen Anzahl von Stakeholdern.
Warum nun Hybrides Projektmanagement?
Hybrides Projektmanagement vereint die Vorteile verschiedener Projektmanagementmethoden und fokussiert diese auf eine kontextspezifische Anwendung.
So können Unternehmen die Planungssicherheit und die Struktur klassischer Projektmanagementmodelle für die Koordination von Großprojekten nutzen, aber in kleinen Teilprojekten von der Flexibilität agiler Methoden profitieren. Das ist auch zunehmend notwendig: Immer kürzere Produktlebenszyklen, der Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt und zunehmend disruptive Geschäftsmodelle erfordern eine große Flexibilität im Rahmen der Projektarbeit.
Je nach Organisationsstruktur, Teamgröße, Umfang, Zeit- und Kostenbudget sowie Mitarbeitererfahrung müssen spezifische Methoden angewendet werden, um den Projekterfolg sicherzustellen. Auch gewinnen agile Methoden durch ihr erhöhtes Maß an Flexibilität immer mehr an Bedeutung, jedoch lassen sich diese selten 1:1 umsetzen und sind auch nicht für jedes Projekt gleichermaßen geeignet.
Wie es funktioniert
Grundsätzlich ist die Hybridisierung von mehreren klassischen oder aber mehreren agilen Methoden denkbar. Häufig meint man mit Hybridem Projektmanagement jedoch die Kombination einer oder mehrerer klassischer Methoden mit agilen Methoden. Welche Kombination agiler und klassischer Methoden die richtige ist, lässt sich pauschal nicht beantworten. Sämtliche Vorgehensweisen haben, je nach Kontext, ihre Berechtigung. Hier gilt es, die Anforderungen der eigenen (Teil-)Projekte genau zu prüfen und so das geeignete Vorgehen zu finden.
Das setzt einiges an Erfahrung voraus. Auch stellt die Kombination mehrerer Projektmanagementmethoden hohe Anforderungen sowohl an das methodische Know-How der Mitarbeiter als auch die verwendete Projektmanagement-Software, die häufig nicht auf Arbeit mit verschiedenen Methoden gleichzeitig ausgelegt ist. Kaum ein gängiges Projektmanagement-Tool kann die Kombination klassischer und agiler Methoden sinnvoll abbilden. Dabei ist der hybride Ansatz in den meisten Unternehmen mittlerweile Standard geworden.
Trotzdem bietet Hybrides Projektmanagement die Chance, für die eigenen Projekte maßgeschneiderte Management-Methoden zu entwickeln. Eine Möglichkeit einer hybriden Vorgehensweise ist zum Beispiel die Kombination eines Waterfallmodells mit Scrum und Kanban. In diesem Fall dient das Waterfallmodell der groben Strukturierung des gesamten Projekts.
Das Projekt wird somit in mehrere Teilprojekte mit entsprechenden Meilensteinen und anschließenden Reviews unterteilt. Diese Untergliederung gibt dem gesamten Projekt einen äußeren Rahmen und stellt sicher, dass das Projekt in seiner Gesamtheit übersichtlich bleibt und nicht vernachlässigt wird. Nun kann es sinnvoll sein, innerhalb der einzelnen Teilprojekte klar abgegrenzte Aufgabenbereiche innerhalb eines kleinen Teams mithilfe von Scrum zu realisieren.
Der Projektfortschritt ließe sich dann mit einem Kanban-Board visualisieren. Mit diesen Methoden bleibt man innerhalb der Teilprojekte flexibel und kann sich ändernde Anforderungen schnell berücksichtigen.
Fazit
Projektmanagement befindet sich im Wandel, und das nicht erst seit gestern. Agile Methoden wie Scrum und Kanban gewinnen zunehmend an Bedeutung, Projekte im Zeitalter von Industrie 4.0 werden schnelllebiger und volatiler. Trotz allem lassen sich klassische Methoden des Projektmanagements nicht einfach ersetzen – gerade umfangreiche und planungsintensive Projekte können mit agilen Methoden nicht zufriedenstellend koordiniert werden. Hybrides Projektmanagement erlaubt den kontextspezifischen Einsatz der richtigen Vorgehensweisen zum richtigen Zeitpunkt und bietet so die Chance, die ganz eigenen Anforderungen und Vorgänge zu berücksichtigen. Was Unternehmen dazu benötigen: das richtige Tool. Einzigartige Unternehmen mit einzigartigem Background, einzigartigen Mitarbeitern und einzigartigen Projekten benötigen eine individuelle Softwareunterstützung – ein Tool, das flexibel die Methodenvielfalt abbilden kann. Ein Tool wie den MSO Projekt-Manager. Jetzt mehr erfahren.